Dieser Abschnitt widmet sich der Umsetzung von Maßnahmen, die ursprünglich nicht vorgesehen waren, jedoch notwendig werden, um Abweichungen im Projektmanagementplan zu beheben, auftretende Probleme zu lösen oder aus genehmigten Änderungen am Plan resultieren.
Im Laufe der Projektdurchführung werden neben den eigentlichen Projektaktivitäten auch Überwachungs- und Kontrollaktivitäten durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Projekt entsprechend dem Projektmanagementplan voranschreitet. Im Zuge dessen können sich stets Planabweichungen, neue Risiken, Probleme und Änderungsanforderungen ergeben. Als Antwort darauf entwickelt das Projektmanagementteam korrektive und präventive Maßnahmen, die Auswirkungen auf den Projektmanagementplan haben können.
Die erwähnten Kontrollaktivitäten werden im Projektcontrolling behandelt.
In dieser Einheit, die sich auf die Projektausführung konzentriert, liegt der Schwerpunkt auf der praktischen Umsetzung von Änderungen an den Managementplänen sowie von korrektiven und präventiven Maßnahmen, die aus den Kontrollprozessen hervorgehen.
Die Unterscheidung zwischen Ausführung, Kontrolle und Planung ist in der Theorie klar definiert, doch in der Praxis erleben Sie als Projektleiter diese Prozesse als fließenden Übergang. Nehmen wir an, während der Ausführung stößt das Projekt auf ein Problem. In diesem Moment schalten Sie mental in den Kontrollmodus, um mögliche Lösungen zu bewerten und entscheiden sich vielleicht für eine korrektive Maßnahme, die den Leistungsbasisplan im Projektmanagementplan beeinflussen könnte. Erfordert diese Maßnahme eine Änderung des Basisplans, ist eine formelle Genehmigung nötig, was zu einer genehmigten Änderung führt, die sowohl korrektive als auch eventuell präventive Maßnahmen beinhaltet.
Solange die Änderungsanfrage nicht genehmigt ist oder bis eine Entscheidung über die präventive oder korrektive Maßnahme getroffen wurde, verbleiben Sie im Kontrollmodus. Ist die Entscheidung gefallen, gehen Sie mental in den Planungsmodus über, indem Sie die beschlossenen Maßnahmen in Ihre Aktivitätenliste aufnehmen.
Einige dieser Aktivitäten könnten neue Arbeitspakete darstellen, die definiert, geplant und zugeteilt werden müssen. Andere Aktivitäten könnten sekundäre Risiken mit sich bringen, die eine Risikoanalyse und entsprechende Risikobewältigungsstrategien erfordern. Wieder andere könnten Änderungen der Projektumfangs-, Termin- oder Kostenbasispläne notwendig machen. Die Auswirkungen solcher Änderungen werden im Kontrollmodus analysiert und führen zu einer Änderungsanfrage. Nach der Genehmigung dieser Änderung und der Planung der resultierenden Aktivitäten kehren Sie mental in den Ausführungsmodus zurück, um die beschlossenen und geplanten Maßnahmen umzusetzen.
Hier knüpfen wir an: bei der Implementierung genehmigter Änderungen und der Umsetzung von präventiven und korrektiven Maßnahmen.
Die Art der erforderlichen Maßnahmen ist abhängig vom jeweiligen Managementbereich und den im spezifischen Kontext verfügbaren Optionen. Wie bereits angesprochen, findet die Identifikation von Planabweichungen und die Definition entsprechender Reaktionen innerhalb der Kontrollprozesse statt. Um jedoch zu illustrieren, welche Maßnahmen möglicherweise als Ergebnis von genehmigten Änderungen oder im Rahmen der Kontrolle beschlossenen korrektiven und präventiven Maßnahmen in der Ausführungsphase implementiert werden müssen, sei ein Beispiel herangezogen.
Beispiel.
Angenommen, wir erkennen während der Überwachung, dass das Arbeitspaket 4.7 bereits nach den ersten zwei von zwanzig vorgesehenen Bauwochen um 10% im Rückstand ist. Im Zuge der Steuerung greifen wir auf Problemlösungstechniken zurück und stellen fest, dass die Verspätung durch das Verhalten der innovativen Materialien verursacht wird, die wir wegen ihrer herausragenden Resistenz gegenüber Partikeln X ausgewählt haben. Allerdings entsprechen diese Materialien nicht den Erwartungen unter den hohen Temperaturen, die tagsüber auf der Baustelle vorherrschen. Infolgedessen wird das Entwicklungsteam ausschließlich in den Nachtstunden tätig, wenn die Temperaturen unter die kritische Schwelle sinken.
Die dem Arbeitspaket 4.7 zugeordnete Kostenstelle besitzt eine Risikoreserve von 1 Million Euro und einen zeitlichen Puffer von 10 Wochen. Nach sorgfältiger Bewertung der drei Optionen entscheidet sich das Team für Option B, das heißt, weiterhin mit den gleichen Materialien zu bauen, aber eine künstlich temperierte Bauumgebung zu schaffen, die 4 Wochen dauern und 200.000 Euro kosten wird.
Dieser Schritt führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Leistungsbasis des Projekts und erfordert keinen formellen Änderungskontrollprozess. Der Grund dafür ist das Vorhandensein der Risikoreserve, die speziell für solche Situationen vorgesehen ist und dementsprechend zum Einsatz kommt.
Der Projektleiter trägt den Vorfall ins Problemregister ein und wählt zur Behebung Option B. Dabei bleibt er im Kontrollmodus. Diese Entscheidung führt zur Initiierung eines neuen Arbeitspakets, das die Errichtung einer künstlich temperierten Baustellenumgebung vorsieht. Auch während dieser Phase bleibt der Projektleiter im Kontrollmodus, um die Situation effektiv zu steuern.
Mit der Unterzeichnung des Änderungsregisters zur Genehmigung der Anpassung wechselt der Projektleiter vom Kontroll- in den Planungsmodus. In dieser Phase konkretisiert er die Details des neuen Arbeitspakets, das den Aufbau der künstlich temperierten Baustellenumgebung umfasst, und delegiert die entsprechenden Aufgaben. Ebenfalls im Rahmen der Planung nimmt er notwendige Aktualisierungen am Projektstrukturplan, am Terminplan und an den Kostenschätzungen vor, um die Änderungen zu integrieren und den Projektfortschritt entsprechend anzupassen.
Wir stehen an der mentalen Schwelle, vom Planungsmodus in den Ausführungsmodus zu wechseln. Ein Bauteam kann mit der Errichtung der künstlich temperierten Baustellenumgebung beginnen. Der Projektleiter berücksichtigt dieses Element in den Projektberichten und auf den Tagesordnungen der Besprechungen im Rahmen des Kommunikationsmanagements. Wenn der Projektleiter das im Kurs Gelernte umsetzt, enthalten die Berichte und die standardmäßigen Tagesordnungen für die Besprechungen fortlaufend Punkte, die Probleme, Änderungen und Risiken thematisieren. Der Vorfall wird im Problemregister verzeichnet. Ebenso wird der Fall im Änderungsregister aufgeführt und ist Teil der Berichte und der Tagesordnungen der Besprechungen.
Hätte sich das Team für Option A entschieden, also für einen Wechsel des Materials, hätte dies sowohl die Qualität beeinflusst als auch 300.000 Euro gekostet. Diese Maßnahme hätte dann dem Änderungskontrollkomitee zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Ein Materialwechsel würde möglicherweise neue Ingenieurleistungen erfordern, den Einsatz unterschiedlicher Ausrüstungen und Werkzeuge bedingen und eventuell den Bedarf an anderen Teammitgliedern nach sich ziehen, die mit den neuen Materialien arbeiten. Diese erforderlichen Schritte unterscheiden sich deutlich von jenen, die sich aus Option B ergeben würden, und müssten sorgfältig geplant und umgesetzt werden.
Wenn das Team Option C gewählt hätte, würde es ohne Änderungen fortfahren, aber andere Tätigkeiten auf dem kritischen Pfad straffen, um die Verzögerung bei Arbeitspaket 4.7 auszugleichen. Hier kämen Terminverdichtungstechniken zum Einsatz, die im Projektcontrolling näher erläutert werden. Diese Maßnahmen, darunter Überstunden und die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen, könnten zwar wirksam sein, bergen jedoch das Risiko, die für das Arbeitspaket veranschlagten Risikozuschläge zu überschreiten – etwa durch Überstundenentgelte oder die Mehrkosten für zusätzliche Ressourcen. Zudem könnte langfristige Mehrarbeit die Motivation des Teams beeinträchtigen. Ein wesentliches Risiko dieser Option besteht in der erhöhten Risikoexposition des Projekts, bedingt durch die nur 50%ige Chance, den Zeitverlust auszugleichen, und die drohenden vertraglichen Strafen bei Verzögerungen.
Im Rahmen der Projektausführungsaktivitäten würden sowohl die Berichte als auch die Tagesordnungen der Besprechungen diese Punkte aufnehmen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Prozesse der Planung, Ausführung und Kontrolle in einem kontinuierlichen Zyklus stattfinden und sämtliche Aspekte des Projektmanagements miteinander verbinden. Um auf während der Projektdurchführung auftretende Probleme, Risiken und Planabweichungen zu reagieren, entwickelt der Projektleiter – gegebenenfalls in Absprache mit der Projektgovernance – entsprechende Änderungen und Korrekturmaßnahmen mithilfe von Kontrollprozessen. Diese Maßnahmen werden anschließend in den Planungsprozessen überarbeitet, bevor sie umgesetzt werden. Das verdeutlicht, wie abwechslungsreich und anspruchsvoll die Tätigkeit eines Projektleiters sein kann.