0 - GRUNDLEGENDE ELEMENTE
1 - INITIALISIEREN
2 - PLANEN

0.0 Zusammenfassung

Projektmanagement gemäß der internationalen Norm ISO 21502

Das allgemeine Modell dieses Kurses orientiert sich an der Logik der Aktivitäten zur Initialisierung, Planung, Ausführung, Kontrolle und zum Abschluss eines Projekts und seiner Phasen. Dies führt zu Lieferobjekten und Ergebnissen, die an die Benutzer weitergegeben werden. Zudem entsteht Wissen, das an die beteiligten Organisationen und Personen übermittelt wird. Diese Ablauforganisation entspricht dem Anhang der Norm. Aber es betrifft nicht nur Projektarbeit: Alle Arten von Arbeit werden initialisiert, geplant, ausgeführt, kontrolliert und abgeschlossen, denn diese Managementfunktionen sind universell, und jeder Manager wendet sie in seiner täglichen Arbeit an.

Im Projektmanagement lautet die erste zu klärende Frage: Soll ein Projekt gestartet werden? Und falls ja: aus welchem Grund? Typische Gründe für die Initialisierung eines Projekts können eine bestehende Geschäftsmöglichkeit, ein zu lösendes Problem oder eine zu erfüllende Vorschrift sein.

Bei zeitlichen Einschränkungen für die benötigte Lösung kann es sinnvoll sein, die Arbeit als Projekt zu organisieren. Wenn der geplante Umfang ein einzelnes Projekt überfordert, beispielsweise wenn Vorteile erst nach der Lieferung der Lösung an die Endbenutzer sichtbar werden, könnte es ratsam sein, ein Programm aus verwandten Projekten zu organisieren. Ein weiterer Grund, die mit der Initiative verbundene Arbeit als Projekt, oder Programm zu strukturieren, liegt in der Disziplin des Projektmanagements Selbst. Sie bietet eine Vielzahl von Werkzeugen und Techniken, die speziell darauf ausgerichtet sind, Lösungen pünktlich, in der gewünschten Form, und innerhalb eines festgelegten Budgets zu liefern.

In der Vorprojektphase kommen Bewertungsmethoden zum Einsatz, wie beispielsweise die Erstellung eines Business Case oder einer Machbarkeitsstudie. Diese Methoden können Teil eines umfassenderen Prozesses sein, der von der Unternehmensleitung gesteuert wird und oft als “Portfoliomanagement” bezeichnet wird. Das Ziel dieses Managements ist es, zu entscheiden, welche Initiativen umgesetzt werden sollen. Fällt die Entscheidung in der Vorprojektphase positiv aus, so wird ein Projekt initialisiert. In diesem Stadium wird das Projekt noch nicht geplant, sondern lediglich initialisiert.

Projektinitialisierung

In dieser Phase kann es vorkommen, dass der Projektmanager bereits informell bestimmt wurde. Eine offizielle Ernennung erfolgt jedoch meist als Ergebnis des Initialisierungsprozesses. Es ist empfehlenswert, den zukünftigen Projektmanager schon während der Initialisierung einzubinden, obwohl diese Phase in der Regel unter der Aufsicht des Initiators oder des Projektsponsors steht. Erst nachdem alle Initialisierungsaktivitäten abgeschlossen sind, wird die neue temporäre Organisation, also das neue Projekt, offiziell ins Leben gerufen. Dies beinhaltet auch die Festlegung des Namens und des Autoritätsgrades des ernannten Projektmanagers.

Ein sinnvoller erster Schritt bei den Aktivitäten zur Projektinitialisierung ist die Identifizierung der Schlüsselstakeholder. Gemeinsam mit ihnen legt der Projektmanager fest, welchen Aspekt des Problems oder der Geschäftsmöglichkeit das Projekt adressieren soll. Dabei werden auch der Zweck und das Hauptziel des Projekts definiert.

Der Projektsponsor spielt dabei eine zentrale Rolle. Zwei wesentliche Fragen stehen im Mittelpunkt: “Was wollen wir erreichen?” und “Warum wollen wir das erreichen?”. Das “Warum” ist der Zweck und das Was, ist das Hauptziel des Projekts.

Bei der Formulierung der Zweck- und Zielsetzungserklärung, ist es sehr hilfreich sich über die Geschäftsanforderungen des Projekts zu einigen. Geschäftsanforderungen sind die neuen Fähigkeiten, die die Organisation durch das Projekt erwerben möchte.

Sie dürfen nicht mit den funktionalen Anforderungen und Qualitätsattributen der Lösung verwechselt werden, die später während der Planung ermittelt werden.

Bevor funktionale Anforderungen an eine Lösung gestellt werden können, muss das Team die optimale Strategie zur Erreichung des Hauptziels identifizieren, analysieren und auswählen. Es existieren stets mehrere Wege ein Hauptziel zu erreichen. Das zentrale Lieferobjekt das das Projekt hervorbringen wird, nämlich die Lösung ist direkt von der gewählten Strategie abhängig.

Während der Initialisierung sollten die Erfolgskriterien des Projekts, die allgemeinen Risiken, die anfänglichen Annahmen und bestehenden Einschränkungen identifiziert werden. All diese Elemente der Projektdefinition müssen in einem Dokument festgehalten werden. Dieses Dokument wird üblicherweise als Projektauftrag bezeichnet. Mit dem Projektauftrag wird offiziell eine neue temporäre Organisation ins Leben gerufen, das neue Projekt das zuvor nicht existierte. Dieser Schritt erfordert die Genehmigung der Organisation und muss den Stakeholdern mitgeteilt werden.

Planungsaktivitäten

Jede Aufgabe erfordert eine Planung, bevor sie umgesetzt wird. Selbst wenn diese Planung nur gedanklich erfolgt und nicht schriftlich festgehalten wird. Dies gilt ebenso, wenn die Arbeit in Form eines Projekts organisiert wird.

Das Projektmanagementteam beginnt damit, die Anforderungen der Schlüsselstakeholder in Bezug auf das Projektmanagement zu erheben. Zudem werden die Annahmen und Einschränkungen, die während der Projektinitialisierung getroffen wurden, erneut überprüft, um mögliche Änderungen zu identifizieren.

Nun ist es an der Zeit, präzise SMART-Unterziele zu definieren. Das bedeutet, dass diese Unterziele spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitlich begrenzt sein sollten. Sie sollten natürlich auch zum Hauptziel des Projekts führen, wie im Projektauftrag festgelegt.

Das Projektplanungsteam muss den Lebenszyklus oder Ansatz festlegen, der für die Lösungserstellung verwendet wird, und die kommenden Phasen oder Iterationen bestimmen.

Besonderes Augenmerk sollte auf die Ausarbeitung des Projektbasisplans gelegt werden. Dieser Plan beinhaltet den genehmigten Umfang, das Budget und den Zeitplan des Projekts. Er definiert, was das Projekt liefern wird, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Kosten.

Die Anforderungen für das Projektmanagement zeigen, wie das Projekt gesteuert werden soll.

Während der Planung wird das Team die Risiken identifizieren und analysieren, um die kritischsten herauszufiltern und entsprechende Reaktionsstrategien zu entwickeln.

Sind all diese Elemente sorgfältig abgestimmt und ausbalanciert, sollte die Zustimmung des Projektgovernancegremiums eingeholt werden. In den meisten Fällen setzt sich dieses Gremium aus dem Projektsponsor und dem Projektkunden zusammen, sofern diese beiden Rollen nicht von derselben Person ausgefüllt werden.

Abschließend informiert der Projektmanager die Stakeholder über den genehmigten Projektmanagementplan. Ein zweites Kick-off-Meeting kann organisiert werden, um alle Beteiligten über den finalen Plan aufzuklären und den Übergang von der Planung zur Ausführung zu vollziehen.

Ausführungsaktivitäten

Jetzt gilt es, das Hauptlieferobjekt zu erstellen. Dies beginnt mit der Beschaffung von Personal und Material, wobei der Projektmanager den Ressourcenbeschaffungsprozess leitet oder aktiv daran teilnimmt.

Ein wesentlicher Bestandteil des Ausführungsmanagements ist die Genehmigung, Delegation, Überprüfung und Akzeptanz von Arbeitspaketen. Parallel dazu leitet, steuert und entwickelt der Projektmanager Teams, setzt Coaching-Techniken ein, koordiniert die Kommunikation und fördert das Engagement der Stakeholder.

Die Qualitätssicherung während der Projektausführung geht über die bloße Überprüfung der Einhaltung von Standards und Richtlinien hinaus. Sie konzentriert sich darauf, die notwendige Qualität während des gesamten Projektverlaufs sicherzustellen.

Das Implementieren von genehmigten Änderungen und Korrekturmaßnahmen, die aus den Kontrollaktivitäten resultieren, gehört ebenfalls zum Ausführungsmanagement. Dazu zählt auch die Umsetzung von Reaktionsstrategien auf identifizierte Risiken.

Abschließend stellt der Projektmanager während der Projektausführung sicher, dass das Team vorhandenes Wissen nutzt und eine förderliche Umgebung für die Generierung neuen Wissens schafft. Dies beinhaltet auch Prozessverbesserungen, die aus den Erkenntnissen der Team-Retrospektiven gewonnen werden.

Kontrollaktivitäten

Der Zweck der Projektkontrolle besteht darin, den aktuellen Zustand zu verstehen, den zukünftigen Zustand mittels Kosten- und Zeitplanprognosen zu diagnostizieren und Korrektur- sowie Vorbeugungsmaßnahmen einzuleiten.

Die Kontrollprozesse berücksichtigen alle Aspekte des Projektmanagementplans, einschließlich des Projektbasisplans, aber auch Risiken, die Effektivität der Kommunikation, das Engagement der Stakeholder, materielle Ressourcen und Beschaffungen.

Ein Teil der Kontrollarbeit bezieht sich auf die Bewältigung von Problemen und Änderungsbedarfen, die während der Projektausführung auftreten. Hierbei werden Problemlösungstechniken und andere Methoden angewendet, um die bestmögliche Lösung zu bewerten, Entscheidungen zu treffen und die entsprechenden Korrekturmaßnahmen und Änderungen einzuleiten, die die Planungs- und Ausführungsprozesse beeinflussen.

Da die meisten Projekte phasenweise strukturiert sind, müssen auch die Übergänge zwischen diesen Phasen kontrolliert werden. Diese Kontrolle umfasst die Bewertung der endenden Phase, aber auch die Entscheidung darüber, ob das Projekt zur nächsten Phase übergehen soll. Dafür stellt der Projektmanager dem oberen Leitungsgremium des Projekts die für diese Entscheidung relevanten Informationen zur Verfügung, einschließlich der Planung der nachfolgenden Phase und aktualisierten Prognosen zum Projektende.

Die Kontrolle der Phasentore umfasst auch die Sicherstellung, dass Abschlussaktivitäten der vorherigen Phase durchgeführt wurden. Dazu gehören die Übergabe der Phasenlieferobjekte, die Freigabe nicht mehr benötigter Ressourcen und spezifische administrative Abschlusstätigkeiten der Phase, wie das Aktualisieren von Aufzeichnungen, das Sammeln von Erkenntnissen und mehr.

Abschließen

Abschlussaktivitäten werden am Ende jeder Phase durchgeführt. Jedoch, am Ende der letzten Phase, die zugleich das Projektende markiert, werden viele dieser Aktivitäten mit den Aktivitäten des Projektabschlusses kombiniert.

Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Lieferobjekte bewertet, akzeptiert und übergeben worden sind.

Außerdem soll die Leistung der Teammitglieder und der Lieferanten sowie die Zufriedenheit der Stakeholder bewertet werden.

Dies schließt die zuvor erwähnten administrativen Abschlusstätigkeiten ein. Hinzu kommen spezifische Abschlussaktivitäten für das gesamte Projekt, wie die Bewertung des Projekterfolgs basierend auf den im Projektauftrag festgelegten Erfolgskriterien. Selbstverständlich gehört auch die Erstellung eines Projektabschlussberichts zu diesen Aktivitäten.

Ein abschließender Hinweis zur Anwendbarkeit der internationalen Norm ISO 21502: Die darin enthaltene Anleitung ist für jede Organisation, Projektart oder Ausführungsansatz geeignet.

Wenn das vom Projekt zu erstellende Produkt zu Beginn mit einem hohen Grad an Sicherheit festgelegt werden kann, eignet sich ein prädiktiver Entwicklungsansatz. Ist das Endprodukt jedoch unklar oder der Kunde unsicher in seinen Anforderungen, sodass die Ausführung des Projekts einer Entdeckungsexpedition gleicht, dann ist es sinnvoll, die Anforderungen schrittweise zu entwickeln. Hierbei können inkrementelle Ansätze zum Einsatz kommen. Dabei werden Funktionen in Teilschritten geliefert oder man verwendet iterative Ansätze, bei denen bereits erstellte Funktionen schrittweise verbessert werden. Oft werden beide Ansätze kombiniert. Dies ist der Agile Ansatz. Er beinhaltet verschiedene wertvolle Praktiken, die von diversen Agile-Methoden detailliert beschrieben werden, und die Durchführung bestimmter Rituale vorsehen.

In vielen Organisationen ist es üblich, im Voraus ein Budget und eine Frist festzulegen, um eine Initiative zu genehmigen. Dies gilt auch dann, wenn Teile der Lösung einen signifikanten unbekannten Faktor aufweisen und mittels agiler Ansätze entwickelt werden müssen. Eine Methode, um dieses Dilemma zu bewältigen, besteht darin, das Unvorhersehbare im Voraus zu antizipieren und mit Annahmen zu arbeiten. Das führt oft dazu, dass viele Änderungsanfragen bearbeitet werden müssen. Denn Änderungen sind in Projekten unvermeidlich, insbesondere wenn sie Neuland betreten.

Oftmals sind Projekte hybrid gestaltet, wobei einige Abschnitte vorhersehbarer sind als andere. Einige Komponenten der Gesamtlösung können überwiegend agil gestaltet sein. Lieferanten, die solche Komponenten mit einem agilen Ansatz entwickeln, betrachten oft ihren Beitrag als “das Projekt”. Und in der Tat ist es aus ihrer Perspektive “ihr Projekt”, obwohl es nur eine Komponente eines größeren Ganzen ist. Für den Endkunden stellt dieses agile “Projekt” des Lieferanten tatsächlich ein Arbeitspaket dar, eine Komponente einer Gesamtlösung, die möglicherweise nicht in Gänze agil gesteuert wird.

Ungeachtet des gewählten Entwicklungsansatzes oder der Managementphilosophie müssen alle Arbeiten initialisiert, geplant, durchgeführt, kontrolliert und abgeschlossen werden. Die ISO-Norm für das Projektmanagement bietet hierfür eine wertvolle Anleitung.

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