0 - GRUNDLEGENDE ELEMENTE
1 - INITIALISIEREN
2 - PLANEN
3 - AUSFÜHREN
4 - KONTROLLIEREN
5 - ABSCHLIESSEN

1.3 Projektauswahl 2: Business Case

1.3 Projektauswahl 2 – Business Case

In diesem Abschnitt erfahren Sie mehr über das Konzept des Business Case, auf Deutsch Geschäftsszenarios und wie es dazu dient, einen Projektvorschlag zu untermauern.

Was genau meinen wir mit einem Geschäftsszenario? Ganz einfach: Stellen Sie sich ein Geschäftsszenario als einen Vorschlag vor, der aufzeigt, welche Auswirkungen eine Genehmigung oder Ablehnung des vorgeschlagenen Projekts auf das Unternehmen haben wird. Dabei geht es vor allem darum, sicherzustellen, dass die Organisation nicht unnötig Ressourcen in wenig versprechende Projekte steckt und nur die besten Projektvorschläge weiterverfolgt werden.

Die Erstellung von Geschäftsszenarien greift auf die Liste von Ideen zurück, die im ersten Schritt des Portfoliomanagements generiert und erfasst wurden. Jetzt geht es darum, dass die Initiatoren von diesen Ideen ein Geschäftsszenario für die von ihnen vorgeschlagenen Ideen erstellen. Dieser Schritt dient als erste Überprüfung, denn wenn jemand nicht die Zeit findet, seine Idee in Form eines Geschäftsszenarios mit allen Kosten, Nutzen, Risiken und möglichen Alternativen darzulegen, dann deutet das darauf hin, dass diese Idee vielleicht nicht die nötige Priorität genießt – nicht einmal für denjenigen, der sie vorgeschlagen hat.

Welche Elemente können oder sollten in einem Geschäftsszenario enthalten sein? Es gibt keine Einheitslösung, aber einige Aspekte können den Inhalt beeinflussen: die internen Richtlinien einer Organisation, die Höhe der geplanten Investition oder der verfügbare Zeitrahmen. Im Folgenden werden wir ein detailliertes Geschäftsszenario vorstellen, das je nach Bedarf angepasst werden kann.

Ein sinnvoller Startpunkt für jedes Projekt ist eine klare Begründung seiner Notwendigkeit. Dabei wird erörtert, welches Problem adressiert oder welche Geschäftsmöglichkeit ergriffen werden soll. Was genau ist das Problem, das wir mit diesem Projekt lösen möchten? Was sind seine Ursachen und welche Auswirkungen hat es? Handelt es sich hingegen um eine Geschäftsmöglichkeit, wollen wir die sich eröffnenden Chancen und das damit verbundene Potenzial klären.

Es geht darum, zu verdeutlichen, warum wir der Meinung sind, dass dieses Projekt unternommen werden muss.

Bei der Konfrontation mit einem Problem gilt es zu entscheiden, ob wir die Ursachen direkt angehen möchten. Sollen alle Ursachen adressiert werden oder nur ausgewählte? Und wenn ja, welche? Es steht auch zur Debatte, ob wir uns auf die Behebung der dringlichsten Auswirkungen konzentrieren sollten. Welche Auswirkungen wären das? Nehmen wir das Beispiel einer Arthrose mit starken Knieschmerzen, verursacht durch ein abgenutztes Gelenk. Eine mögliche Lösung wäre der Einsatz eines künstlichen Gelenks, um die Ursache direkt zu behandeln. Gleichzeitig könnten die Schmerzen mit Medikamenten gelindert werden, was eine sofortige Milderung der Symptome bewirkt. Alternativ könnten wir uns entscheiden, die Ursache vorerst zu tolerieren und lediglich die Symptome zu behandeln. Diese Überlegungen müssen auch im Geschäftskontext angestellt werden: Was ist das zugrundeliegende Problem, seine Ursachen und Auswirkungen, und welchen Teil davon möchten wir mit unserem Projekt angehen?

Ähnlich wie bei der Lösung eines Problems, wo wir entscheiden müssen, ob und welche Ursachen wir angehen und ob wir uns auf die dringlichsten Auswirkungen konzentrieren, erfordert die Identifizierung einer Geschäftsmöglichkeit eine sorgfältige Auswahl. Bei einer sich öffnenden Chance, wie der Deregulierung des japanischen Marktes, ist zu bestimmen, welche Aspekte des Potenzials wir mit unserem Projekt erschließen möchten. Sollen wir eine breite Strategie verfolgen, die das gesamte Spektrum der Möglichkeiten abdeckt, oder eine fokussierte Herangehensweise wählen, die sich auf die Bereiche mit dem höchsten Potenzial konzentriert? Darüber hinaus müssen wir abwägen, ob es vorteilhafter ist, die sofort greifbaren Chancen zu nutzen, die eine schnelle Realisierung versprechen. Diese strategischen Entscheidungen sind von entscheidender Bedeutung, um festzulegen, welchen Teil der Geschäftsmöglichkeit wir durch unser Projekt realisieren wollen.

Nachdem festgelegt wurde, welcher Teil des Problems oder der Geschäftsmöglichkeit vom Einzelprojekt adressiert werden soll, präsentiert das Projektteam eine sorgfältige Bewertung verschiedener Alternativen. Es wird überzeugend erläutert, warum die ausgewählte Lösungsoption den anderen vorzuziehen ist. Die Alternativenliste umfasst zwei Extreme: Zum einen die umfassendste Lösung und zum anderen die Option des Nicht-Handelns, also die Entscheidung gegen die Durchführung des Projekts. Zwischen diesen Extremen befinden sich Ansätze mit mittlerer bis geringer Wirkung, die darauf abzielen, negative Auswirkungen zu mildern oder umgehend einige Vorteile der Geschäftsmöglichkeit zu realisieren

Als nächstes folgt die wirtschaftlich-finanzielle Analyse, in der eine ungefähre Schätzung der Kosten, des Nutzens und des Zeitrahmens vorgenommen wird.

Eine klare Darstellung der Risiken, der zugrundeliegenden Annahmen für Schätzungen und möglicher Einschränkungen ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil eines Geschäftsszenarios. Die Identifikation und Analyse dieser Faktoren sind unerlässlich. Eine Vertiefung in die Risikoanalysetechniken und die Differenzierung zwischen Risiken und Annahmen sprengt jedoch den Rahmen dieser Lektion. Dieser Abschnitt ist bereits umfangreich; eine weitere Ausdehnung würde ihn überladen. Für detaillierte Informationen zu Risiken wird auf die entsprechenden Lektionen verwiesen, die sich mit den Initialisierungs- und Planungsprozessen befassen und in denen solche Analysen behandelt werden.

Schätzungen

Im Zuge der Erstellung von Geschäftsszenarien sind Schätzungen erforderlich, die auf Erfahrungen und Annahmen fußen. Sie helfen dabei, den finanziellen Bedarf, den Einsatz von Personal und weiteren Ressourcen, die Projektdauer sowie den Nutzen und den Zeitpunkt seiner Realisierung zu ermitteln.

Bitte beachten Sie, dass es bei der Erstellung von Geschäftsszenarien um grobe Schätzungen geht. Diese erkennen die inhärente Unsicherheit jedes Projekts an und reflektieren, dass sie nicht aus einer detaillierten Planung resultieren, sondern vielmehr eine initiale Annäherung darstellen. Deshalb sollten sie stets einen signifikanten Spielraum für mögliche Abweichungen einbeziehen.

Diese Schätzungen sollten daher nicht als definitives Projektbudget herangezogen werden, sollte das Projekt genehmigt werden. In dieser Phase ist es passender, sich auf das zu stützen, was als “ungefähre Größenordnung” (englisch “Rough Order of Magnitude”, ROM) bekannt ist. Diese Art von Schätzung kann eine Variationsbreite aufweisen, die je nach den zugrunde liegenden Annahmen und Szenarien auch über 100% hinausgehen kann.

Je weniger vertraut das Wesen des Projekts und die Anforderungen des zu realisierenden Vorhabens sind, desto umfangreicher muss der geschätzte Variationsbereich ausfallen, um der Vielzahl an unbekannten Variablen Rechnung zu tragen.

Beachten Sie, dass das Geschäftsszenario nicht der Projektplanung gleichkommt. Wir befinden uns noch nicht in dieser Phase. Zu diesem Zeitpunkt steht noch nicht fest, ob das Projekt in die Initialisierungs- und Planungsphase übergehen wird. Es gibt noch kein Planungsteam und es wurde noch kein Projektmanager bestimmt. Der Initiator, der wahrscheinlich der zukünftige Sponsor sein wird, trägt die Verantwortung für die Ausarbeitung des Geschäftsszenarios, das er der Organisation unterbreiten möchte.

Möchte der Initiator eine eingehende Untersuchung der Idee vornehmen, sollte er der Organisation die Durchführung einer Machbarkeitsstudie empfehlen, die an sich bereits ein Projekt darstellt. Bei Genehmigung dieses Vorhabens durch die Organisation, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, wird ein Team mit deren Ausführung beauftragt. Dies ist insbesondere bei umfangreichen Projekten gängige Praxis, die technische, ökologische, wirtschaftlich-finanzielle und weitere Studien zur Machbarkeit erfordern. Solche Vorprojekte werden oft als separate Projekte behandelt. Nach ihrem Abschluss und bei positivem Ausgang bilden sie eine sehr solide Basis für den Start des Hauptprojekts, gestützt auf die zuvor durchgeführten Studien. Diese Vorgehensweise ist typisch für große Investitionsprojekte. Bei den meisten Projekten jedoch ist ein Geschäftsszenario ausreichend. In vielen Fällen wird bei kleineren Projekten das Geschäftsszenario auf eine narrative Begründung von einigen wenigen Absätzen beschränkt.

Parameter für die wirtschaftliche und nicht-wirtschaftliche Analyse

Im Rahmen der Projektanalyse nutzen Entscheidungsträger typischerweise zwei Arten von Parametern: ökonomische für die quantitative Bewertung und nicht-ökonomische für die qualitative Einschätzung. Die quantitative Bewertung konzentriert sich auf die finanzielle Rentabilität und ist oft entscheidend für die Beurteilung des Projekts, besonders in gewinnorientierten Organisationen. Zu den ökonomischen Parametern, die zur Berechnung der Rentabilität eines Projekts herangezogen werden, zählen Kosten, der erwartete Nutzen und die Zeitspannen, in denen diese anfallen.

Die qualitative Analyse befasst sich mit den nicht-finanziellen Faktoren wie sozialen, ökologischen und kulturellen Effekten, die sich nicht direkt in monetären Größen ausdrücken lassen. Diese ‘weichen’ Bewertungskriterien erfordern ein subjektives Urteil und sind oft schwer zu erfassen und zu quantifizieren. Um diese Herausforderung zu meistern, werden wir Methoden vorstellen, die es erlauben, qualitative Daten in eine Multikriterien-Entscheidungsmatrix zu integrieren. Dies ermöglicht es uns, eine ganzheitliche Bewertung vorzunehmen, bei der die stärksten Vorschläge aus der optimalen Kombination aller relevanten Faktoren hervorgehen.

Die Investitionsrendite verstehen

Beginnen wir mit der wirtschaftlich-finanziellen Analyse und betrachten eine der zentralen Kennzahlen zur finanziellen Projektbewertung: den Return on Investment (ROI). Der ROI dient dazu, die Rentabilität des in ein Projekt investierten Kapitals über einen bestimmten Zeitraum zu messen. Er ist ein entscheidendes Instrument, um die Vorteilhaftigkeit einer Investition zu beurteilen und ermöglicht den direkten wirtschaftlich-finanziellen Vergleich verschiedener Projekte, unabhängig von deren Lieferobjekt. In der Regel erhalten Investitionen mit dem höchsten ROI die höchste Priorität.

In einer verfeinerten Analyse berücksichtigt die ROI-Berechnung auch die zukünftigen Cashflows, abgezinst auf ihren heutigen Wert. Dies ermöglicht es, die Rentabilität von Projekten mit unterschiedlichen Laufzeiten objektiv zu vergleichen. Nehmen wir an, ein Projekt verspricht eine Rendite von 100.000 Euro in drei Jahren, während ein anderes 120.000 Euro in vier Jahren erwirtschaften soll. Auf den ersten Blick ist nicht klar, welches Projekt vorteilhafter ist. Durch die Diskontierung der zukünftigen Cashflows auf ihren Gegenwartswert können jedoch beide Projekte auf einer gemeinsamen Basis bewertet werden.

Die zugrundeliegende Mathematik der Berechnung mag auf den ersten Blick komplex erscheinen, doch ein einfaches Beispiel verdeutlicht das Prinzip: Was würden Sie vorziehen: 1000 Euro heute zu erhalten oder in einem Jahr? Die Antwort liegt auf der Hand: Je früher das Geld verfügbar ist, desto besser. Dies spiegelt sich auch in der Berechnung wider: Der heutige Wert von 1000 Euro, die erst in einem Jahr ausgezahlt werden, ist geringer als der Wert derselben Summe, die sofort verfügbar ist.

Lassen Sie uns die ROI-Berechnung anhand eines praxisnahen Beispiels veranschaulichen: Stellen Sie sich vor, Sie planen, in neue Technologien zur Modernisierung des Produktionssystems einer Fabrik zu investieren. Die Anschaffungs- und Installationskosten der benötigten technischen Ausrüstung belaufen sich auf 100.000 Euro. Bis zur vollständigen Einsatzbereitschaft vergeht ein Jahr. Nach Inbetriebnahme wird erwartet, dass die Ausrüstung die Betriebskosten jährlich um 45.000 Euro senkt. Für die Berechnung der Investitionsrendite legen wir einen Zeitraum von fünf Jahren zugrunde: ein Jahr für die Implementierung des Projekts und vier weitere Jahre, in denen die Produktion von den Kosteneinsparungen profitiert.

Wie beurteilen Sie diese Investition – lohnenswert oder nicht? Lassen Sie uns dies analysieren, indem wir die Investitionsrendite, den ROI, kalkulieren. Sie investieren 100.000 Euro. Diese Investition wird sich auszahlen, indem sie Ihre Kosten jährlich um 45.000 Euro über die kommenden vier Jahre senkt.

Das bedeutet, dass diese Investition über den Zeitraum von fünf Jahren einen Bruttogewinn von 180.000 € generieren wird. Zieht man die anfängliche Investition von 100.000 € vom Bruttogewinn ab, ergibt sich ein Nettogewinn von 80.000 €. Um die durchschnittliche jährliche Nettorendite zu berechnen, teilt man den Nettogewinn von 80.000 € durch die fünf Jahre.

Indem man die jährliche Nettorendite von 16.000 € durch die anfängliche Investition von 100.000 € teilt, ergibt sich der Renditeprozentsatz in Bezug auf die Investition, welcher 16% beträgt. Dieser Wert repräsentiert den ROI. Mit anderen Worten, die Investition in die Ausrüstung steigert den Wert der eingesetzten 100.000 € jährlich um 16%. Generell gilt: Je höher der ROI, desto vorteilhafter erscheint die Investition.

Ob 16% eine gute Investitionsrendite (ROI) darstellen, hängt von den verfügbaren Alternativen und den von der Organisation festgelegten Parametern ab. Könnten die Ressourcen der Organisation in andere Projekte investiert eine höhere Rendite erzielen? Unternehmen, die einen Mindest-ROI definieren, verwerfen Projekte, die diese Schwelle in der frühen Auswahlphase nicht überschreiten. Wenn also der berechnete ROI nicht nur den geforderten Mindestwert übersteigt, sondern auch höher als der ROI vergleichbarer Projekte ist, dann kann man aus dieser Bewertungsperspektive von einer guten Investition sprechen.

Damit schließen wir die kompakte Darlegung zur Investitionsrendite, dem ROI, und seiner Berechnungsweise ab.

Nicht-ökonomische Analyse

Kommen wir jetzt zur nicht-ökonomischen Analyse, die manchmal auch als qualitative Analyse bezeichnet wird. Hierbei betrachten wir Faktoren jenseits der finanziellen Zahlen, zum Beispiel wie eine Investition das Markenimage beeinflussen kann, wenn sie etwa zur Dekarbonisierung beiträgt oder barrierefrei für Menschen mit körperlichen Behinderungen ist. Wenn unsere Ausrüstung mit künstlicher Intelligenz arbeitet, verbessert dies unser fortschrittliches Unternehmensimage, das bisher vielleicht als zu traditionell wahrgenommen wurde. Zudem prüfen wir, wie die Investition zur Erreichung strategischer Unternehmensziele beiträgt. Wie bewerten wir also ein Projekt mit 16% Rendite im Vergleich zu einem anderen mit 20%, wenn das erstere stärker zu qualitativen Zielen beiträgt? Für solche Fälle nutzen wir eine Multikriterien-Entscheidungsmatrix, die im Abschnitt zur Strategiebewertung detaillierter beschrieben wird. Hier schon mal ein kleiner Ausblick darauf.

Projekt 1 (ROI 16%) Projekt 2 (ROI 20%)
Gewicht Erfüllung
(Skala 1-10)
Gewicht Erfüllung
(Skala 1-10)
Wert
ROI 50 8 400 10 500
Risiko 20 8 160 5 100
CO2 5 10 50 0 0
Sozial 10 7 70 0 0
Image 15 10 150 4 60
Beitrag zum strategischen Ziel X 50 8 400 5 250
1230 910

Der erste Schritt ist die Festlegung der Gewichtungen für jeden Parameter. Angenommen, wir legen fest, dass der ROI eine Bedeutung von 50 Punkten in unserem Bewertungsschema hat. Das Risikolevel bekommt 20 Punkte, der Beitrag zum Unternehmensimage durch Dekarbonisierung 5 Punkte, der soziale Faktor 10 Punkte und der Einsatz künstlicher Intelligenz 15 Punkte. Dem Beitrag zu strategischem Ziel X messen wir dieselbe Bedeutung bei wie dem ROI, also ebenfalls 50 Punkte. Beachten Sie, dass die Gesamtsumme dieser Gewichtungen nicht zwingend 100 ergeben muss.

Anschließend passen wir die Renditeraten an eine Bewertungsskala von 1 bis 10 an, wobei dem Projekt mit 16% ROI eine 8 und dem Projekt mit 20% ROI eine 10 zugeordnet wird. Das gleiche Verfahren wenden wir auf das Risikoniveau an, wobei das weniger riskante erste Projekt eine 8 erhält, während das riskantere zweite Projekt mit einer 5 bewertet wird. Diese Methode wenden wir auch auf die übrigen Parameter an. Durch die Multiplikation der Gewichtung mit der erreichten Punktzahl jedes Parameters generieren wir vergleichbare Werte für jeden Parameter in beiden Projekten. Addiert man diese Werte, ergibt sich ein Gesamtbild für beide Optionen. In unserem Beispiel erzielt Projekt 1 trotz der geringeren ROI aufgrund seiner besseren Bewertungen in den anderen Parametern eine höhere Gesamtbewertung als Projekt 2. Projekt 1 ist weniger riskant und leistet einen größeren Beitrag zu den zusätzlichen Parametern, die wir in unserer Multikriterien-Entscheidungsmatrix bewerten.

Dank der Technik der Multikriterien-Entscheidungsmatrix ist es uns möglich, schwer vergleichbare Parameter nebeneinanderzustellen und zu bewerten. Dies schließt solche mit einem subjektiven Charakter, wie die Risikoeinschätzung, bis hin zu jenen mit einem hohen Maß an Subjektivität, wie die Aufwertung des Unternehmensimages durch soziales Engagement und Beitrag zur Dekarbonisierung, ein. Um die Subjektivität zu mindern, könnte die Beurteilung der Erfüllung der nicht-finanziellen Parameter etwa auf einem Durchschnitt der Einschätzungen beruhen, die von einem Gremium verschiedener Personen vorgenommen wurden.

Die Multikriterien-Entscheidungsmatrix kommt auch im vierten Schritt des Portfoliomanagementprozesses zum Einsatz. Hierbei geht es um die Auswahl und Priorisierung von Projekten, die bereits frühere Filter passiert haben, mit dem Ziel, ein ausgewogenes Portfolio zu schaffen. Dies geschieht unter Einbeziehung verschiedener Parameter, wie im Abschnitt zur Gesamtbetrachtung des Projekt- und Programmportfoliomanagements dargelegt.

Neben dem ROI ist die Risikobewertung der zweite klassische Bestandteil aus dem Geschäftsszenario, der bei der Erstellung eines ausgewogenen Portfolios verwendet wird.

Ein anderes Beispiel für einen nicht-finanziellen oder qualitativen Parameter wäre das Bestreben, eine spezielle Technologie voranzutreiben, von der angenommen oder bekannt ist, dass sie künftig für den Geschäftserfolg entscheidend sein könnte.

Das Berücksichtigen nicht-finanzieller Bewertungskriterien kann das strategische Profil einer Organisation potenziell umgestalten und zu radikal innovativen Produkten und Dienstleistungen führen. Es ist für Unternehmen ratsam, einen Budgetanteil in solche Vorhaben zu investieren, selbst wenn bekannt ist, dass es sich um Projekte mit hohem Risiko handeln könnte, ähnlich der Expedition über den Atlantik nach Indien, die letztendlich zur Entdeckung Amerikas führte.

Zusammenfassend und als Empfehlung für ein überzeugendes Gesamtkonzept:

Wir sind die Bestandteile durchgegangen, die in einer detaillierten und breit gefächerten Ausarbeitung eines Geschäftsszenarios enthalten sein könnten, inklusive:

  • Der Projektbegründung, die unterschiedliche Lösungswege für das vorhandene Problem oder die Nutzung der gegebenen Chance darlegt.
  • Der ökonomisch-finanziellen Analyse, die Kosten, Nutzen und Zeitrahmen einschließt.
  • Den zugrunde liegenden Annahmen und potenziell vorhandenen Beschränkungen.
  • Den zum aktuellen Zeitpunkt erkennbaren Risiken.
  • Sowie gegebenenfalls den qualitativen Entscheidungskriterien in einer Multikriterienmatrix.

Sollte das Ergebnis – wie zu erwarten, wenn alle genannten Elemente berücksichtigt werden – umfangreich ausfallen, ist es ratsam, zwei weitere Aspekte hinzuzufügen, die den Entscheidungsprozess der Führungskräfte vereinfachen: eine Managementzusammenfassung sowie konkrete Empfehlungen.

Zusammenfassung

  • Ein Geschäftsszenario ist ein Dokument, das darlegt, welche Auswirkungen auf das Geschäft zu erwarten sind, sowohl wenn das in Aussicht gestellte Projekt grünes Licht erhält, als auch wenn es nicht genehmigt wird.
  • Ein Geschäftsszenario umfasst: die Begründung für das Projekt, mögliche Alternativen, Kostenvoranschläge, erwarteten Nutzen und Zeitpläne, Risikoanalysen, zugrunde liegende Annahmen und identifizierte Einschränkungen, sowie eine Managementzusammenfassung und Handlungsempfehlungen.
  • Geschäftsszenarien basieren auf groben Schätzungen, deren Variationsbereich weit genug gefasst ist, um das Unsicherheitsniveau des jeweiligen Projekts adäquat widerzuspiegeln.
  • Ein Geschäftsszenario ist kein Projektplan, sondern ein vorgelagerter Schritt, der dazu dient zu beurteilen, ob es sich lohnt, Ressourcen für den Anstoß und die Planung des Projekts aufzuwenden.
  • Die Berechnung des Return on Investment, kurz ROI, quantifiziert die Rendite des in ein Vorhaben investierten Kapitals als jährlichen Prozentsatz. Ein höherer ROI steht für eine bessere Kapitalrendite.
  • Neben der ökonomisch-finanziellen Bewertung eines Projektvorschlags lassen sich qualitative Kriterien heranziehen, die in einer Multikriterien-Entscheidungsmatrix zusammengeführt werden können.
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